Philipp Schaefer https://www.philipp-schaefer.info Sterbe & Trauerbegleitung de-de Thu, 17 Apr 2025 14:58:30 +0200 Thu, 17 Apr 2025 14:58:30 +0200 news-8 Tue, 30 May 2023 10:38:00 +0200 Möglichkeiten für einen gesunden Abschied – die Totenwache https://www.philipp-schaefer.info/gedanken/moeglichkeiten-fuer-einen-gesunden-abschied-die-totenwache/ Abschiednehmen von Verstorbenen ist ein sehr persönlicher Prozess. So manche vergessene Tradition kann zu einem gesunden Abschied verhelfen, z.B. die Totenwache. In meiner jahrelangen Tätigkeit im Hospiz habe ich viele Sterbende und deren Angehörige begleitet. Dabei konnte ich oft feststellen, dass große Unsicherheit herrscht, wie die stille, kostbare Zeit nach dem letzten Atemzug gestaltet werden kann. Heute möchte ich Dir gerne einige meiner Erfahrungen erzählen. Ein Erlebnis ist mir besonders in Erinnerung geblieben und passt zu unserem heutigen Thema der Totenwache.

Ein Ritual, um Abschied zu nehmen

Im Hospiz ist es so: Wenn jemand verstirbt, darf der Leichnam 36 Stunden im Zimmer verbleiben, bevor er von Gesetz wegen abgeholt werden muss. Eines Tages verstarb ein älterer Herr nach einem sehr kurzen Aufenthalt: einen Tag und eine Nacht, wir konnten uns kaum kennenlernen. Nach jedem Todesfall waschen wir den Leichnam noch einmal, weniger aus hygienischen Gründen, vielmehr als Ritual. Zum Beispiel, um die Anstrengung des Sterbens wie Staub und Schweiß nach einem langen Arbeitstag abzuwaschen, um den Körper, der ein Leben lang gedient hat, mit Respekt zu verabschieden und auch um dieses Leben in diesem Körper symbolisch abzuschließen, um ihn für die weitere Reise sinnbildlich zu erfrischen … Die Aufzählung der Assoziationen für dieses Ritual kannst Du in Gedanken gerne weiterführen, welche fallen Dir ein?

Wir boten dem Sohn des älteren Herrn also an, seinen Vater gemeinsam mit uns ein letztes Mal zu waschen. Er stimmte zu, und ich war beeindruckt von der großen Hingabe, mit der der junge Mann seinen Vater wusch. Symbolisch wurden alle Hindernisse weggespült und das Schöne noch einmal zum Glänzen gebracht. Es war ein bewegendes Ritual, bei dem der Sohn Abschied nehmen konnte. Durch die Berührung konnte er wirklich begreifen, dass es sich um einen leblosen Körper handelt, um die Hülle, die nun von seinem Vater zurückgelassen wurde. Nach der Reinigung haben wir den Vater noch schön mit seiner Lieblingskleidung eingekleidet und nach kurzer Zeit verließ der Sohn das Haus.

Unerwartet kehrte er am Abend zurück und wollte noch eine Weile bei seinem Vater sitzen. Aus dieser Weile wurden viele, viele Stunden – bis spät in die Nacht hinein, so wie mir die Kollegen am nächsten Morgen erzählten. Er blieb bei seinem Vater, vielleicht in Gedanken, vielleicht im wortlosen Gespräch, wo es vieles zu erinnern, auszusprechen und vielleicht auch noch zu klären oder zu danken gab.

Am nächsten Morgen, als der Vater vom Bestatter abgeholt wurde, kam der Sohn auch für diesen nächsten Schritt auf der Reise hinzu. Danach hatten wir noch ein kurzes Gespräch. Er betonte, wie wichtig diese Stunden waren, einfach nur da zu sein. Er konnte sehen, begreifen, erleben und damit realisieren, dass der leblose Körper zurückblieb, während der Geist, die Seele, die Lebensenergie oder welche Begriffe Du dafür verwendest, diesen alten, verbrauchten Körper verlassen hatte. Er konnte in dieser Zeit den Beginn für eine „neue“ Form der Beziehung zu einem ihm wichtigen Menschen legen, denn der Tod trennt Materie aber keine Beziehungen.

Eine Totenwache kann sehr lebendig sein

Dieser junge Mann hat unbeabsichtigt gleich zwei Rituale für sich genutzt, die früher üblich waren und wieder mehr Aufmerksamkeit verdienen. Wer es sich zutraut, kann im Hospiz oder beim Bestatter bei der Waschung dabei sein oder sie selbst durchführen. Das ist möglich, meist muss man nur fragen oder auch mit sanftem Druck darauf bestehen. Wurde zu Hause gestorben, ist die Waschung auch dort möglich. Die Waschung kann schon Teil der Totenwache sein, aber auch zeitlich getrennt davon betrachtet werden.

Hier konzentriere ich mich jetzt mehr auf die eigentliche Totenwache. Sie kann sowohl im Hospiz stattfinden, wenn jemand dort verstorben ist, als auch zu Hause. Bei Personen, die im Krankenhaus versterben, kann man mit dem Bestatter sprechen und den Leichnam beispielsweise zu Hause in vertrauter Umgebung aufbahren lassen oder in anderen geeigneten Räumlichkeiten, die ein guter Bestatter zur Verfügung stellen kann. Dort können Familie und Freunde für einige Stunden oder Tage die Totenwache abhalten.

Meine Anregungen beziehen sich auf die Situation, dass keine wie auch immer gearteten religiösen Vorschriften zur Anwendung kommen sollen. Wir reden also von einer individuellen Totenwache. Es gibt nichts Besonderes zu tun oder zu lassen, die Gestaltung sollte von Respekt und Achtsamkeit geprägt sein. Das bedeutet nicht, dass man einfach nur still und trübselig neben dem Verstorbenen sitzt. Oft ergeben sich intensive Gespräche, es wird Musik gespielt oder gemeinsam gegessen. Es entsteht ein lebendiger, oft auch freudvoller Abschiedsprozess, bei dem Lachen und Weinen sich abwechseln können. Eine Totenwache ist Abschied, ist das Begreifen der Realität, dass jemand gegangen ist und bildet den Einstieg in eine neue Phase der Beziehung zu dieser Person.

Hast Du schon einmal zu Lebzeiten darüber nachgedacht, ob Du Dir für Dich oder für nahestehende Menschen eine Totenwache als Abschiedsritual vorstellen kannst? Denn Abschied nehmen wird früher oder später auf uns alle zukommen. Vielleicht ist die Totenwache dann eine Option, den Abschied zu gestalten. Sie muss nicht im Voraus geplant werden. Ob und wie sie stattfindet, können die Hinterbliebenen entscheiden, wenn es so weit ist. Und auch dabei unterstützen Sterbeammen und Sterbegefährten. Sie sind darin erfahren, traditionelle Rituale zu beleben oder unserer Zeit angemessene neue Rituale zu gestalten.

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news-7 Thu, 06 Apr 2023 10:41:00 +0200 Trauerbegleitung per Videocall – passt das zusammen? https://www.philipp-schaefer.info/gedanken/trauerbegleitung-per-videocall-passt-das-zusammen/ Für viele Menschen passt das intime Thema „Trauer“ nicht mit der Vorstellung von einer Videokonferenz zusammen. Noch nicht – ich schildere in diesem Beitrag meine Erfahrungen, und gebe einige Tipps, wie eine individuelle Online-Trauerbegleitung aussieht. Trauerbegleitungen als Onlineangebot oder in Präsenz unterscheiden sich nur rein äußerlich voneinander. Inhaltlich stehst Du mit Deinen Fragen und Bedürfnissen immer im Mittelpunkt, denn Du bist die Expertin oder der Experte für Dein Leben und die Fragen, die Dich betreffen. Ob wir uns nun im physischen oder im virtuellen Raum begegnen hat keinen Einfluss auf die Qualität des Gesprächs. In beiden Fällen finden wir gemeinsam heraus, was für Dich die besten Lösungswege sind, um mit Deiner Trauersituation besser zurecht zu kommen.

Und in beiden Fällen begleite ich Dich mit der gleichen Empathie und Erfahrung. Ich schaffe den richtigen Rahmen und gebe hier einige Informationen, was Du von Deiner Seite beisteuern oder bedenken kannst, damit Deine Online-Trauerbegleitung Dich zu Deinem Ziel führt.

Den passenden Rahmen selber schaffen

Wichtig ist, dass Du Dich in geschützter Atmosphäre entspannt auf das Gespräch einlassen kannst.

Du musst nicht am Schreibtisch sitzen. Mit Laptop oder Tablet bist Du flexibel und kannst an Deinen Lieblingsplatz gehen. Mach Dir ein warmes Getränk, lege Dir vielleicht Dein Notizbuch bereit und schaffe eine angenehme Atmosphäre – Du weißt selbst am besten, was Du dafür brauchst. Und Du hast in den eigenen vier Wänden alle Freiheit, den Rahmen so zu gestalten, wie er für Dich angemessen ist.

Unterwegs sein

Wenn wir uns in Präsenz treffen, bist Du vorher und nachher zwangsläufig unterwegs, mit dem Auto, zu Fuß oder mit dem öffentlichen Nahverkehr. Du machst Dich auf den Weg und dieser Weg schenkt Dir wertvolle Zeit mit Dir. Dies ist bereits eine Vorbereitung auf unser Treffen. Anschließend machst Du Dich wieder auf den Weg zu Dir nach Hause, real und auch sinnbildlich. Du hast Zeit, die Stunde nachwirken zu lassen.

Der Hin- und Heimweg sind wertvolle Zeitpuffer, um in das Gespräch ein- sowie wieder herauszutreten. Plane also wenn möglich auch bei einem Online-Treffen etwas Zeit vor und nach dem Termin ein. Mache einen Spaziergang in der Natur oder geh eine Runde ums Haus. Selbst der bewusste Gang aus der Küche zu Deinem Platz mit Computer macht einen Unterschied. Probier es gerne aus.

 

 

Ist ein Videocall nicht unpersönlich?

Aus Erfahrung kann ich diese Frage mit einem klaren Nein beantworten.

Die Authentizität der persönlichen Begegnung ist gleich. Selbstverständlich gibt es äußerliche Unterschiede, wenn sich zwei Menschen physisch im gleichen Raum aufhalten oder dank technischer Hilfsmittel im virtuellen Raum über große Entfernung miteinander verbunden sind.

Du brauchst nur wenige technische Voraussetzungen für eine persönliche Online-Trauerbegleitung. Ein stabiles Internet, Computer oder Tablet mit Mikrofon und Lautsprecher oder Kopfhörer. Der Bildschirm Deines Gerätes sollte nicht zu klein sein, weshalb Deine Teilnahme über das Smartphone nur in Ausnahmesituationen geschehen sollte.

Bei einer Begegnung in Präsenz sorge ich dafür, dass der Raum und der störungsfreie Rahmen stimmen. Beim Onlinegespräch kümmern wir uns beide jeweils auf unserer Seite des Bildschirms darum.

Damit ist auf der technischen Ebene auch schon alles für ein gelingendes, persönliches Gespräch vorbereitet.

Abschied nehmen auf Distanz

Immer mehr Menschen greifen auf die Möglichkeit zurück, online eine Trauerbegleitung in Anspruch zu nehmen, weil sie zeitlich und räumlich flexibel ist. Diese Flexibilität ist vielleicht ihr größter Vorteil. Denn egal, wo Du Dich gerade auf diesem Planeten befindest, Du hast Deine professionelle Unterstützung immer verfügbar.

Wenn ein nahestehender Mensch stirbt und Du nicht schnell genug zurück nach Hause kommst (aus beruflichen Gründen, aus vertraglichen Gründen oder nur, weil gerade kein Flieger geht), kannst Du über die Onlinebegleitung Rat bei mir suchen und wir finden einen Weg, diesen Abschied auch auf Distanz für alle Beteiligten positiv zu gestalten. Manchmal reicht dafür sogar nur ein Gespräch, um wieder handlungsfähig zu werden.

Schlägt eine alte Trauer gerade in der herausfordernden Situation eines längeren Auslandsaufenthaltes zu, so gibt Dir die Onlinebegleitung die Möglichkeit, mit einem Muttersprachler in Deinem zeitlichen Rhythmus Lösungswege zu erarbeiten.

Trauerbegleitung Online, es ist einen Versuch wert

Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Beitrag einige Anregungen geben. Wenn Du noch Fragen hast, reserviere einfach einen Online-Termin. In einem kostenlosen 30-minütigen Erstgespräch kannst Du Antworten auf Deine Fragen bekommen und herausfinden, ob ich möglicherweise der passende Begleiter, Ratgeber und Lotse für Dich bin – auch online.

Gesprächstermin reservieren

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news-6 Fri, 17 Feb 2023 09:54:00 +0100 Was ist ein Sterbegefährte? https://www.philipp-schaefer.info/gedanken/was-ist-ein-sterbegefaehrte/ Diese Frage stellte auch ich mir. Bereits vor einigen Jahren beschäftigte ich mich mit dem Beruf „Sterbegefährte“. Ich suchte nach einer Erweiterung meiner Kenntnisse und Fähigkeiten in der Sterbe- und Trauerbegleitung und stieß auf Claudia Cardinal. Sie ist ein Mensch mit einem weiten Herzen, starken Ansichten und einem reichen Erfahrungsschatz in der Sterbe- und Trauerbegleitung. Ich schnupperte in die Fortbildung der „Sterbeammen/ Sterbegefährten - Akademie nach Claudia Cardinal®“ rein und entschied, dass dies genau das Richtige für mich ist – nur noch nicht zu diesem Zeitpunkt.

Es war das bekannte Bauchgefühl, dass ich mit diesem Schritt mein Leben umkrempeln würde und dass ich vorher noch ein paar andere Baustellen abschließen sollte.

So nahm ich 2020 den nächsten Anlauf, begann die Fortbildung zum Sterbegefährten und krempelte Schritt für Schritt mein Leben um. Doch dies ist Stoff für eine andere Geschichte, hier schreibe ich zunächst darüber, was eine Sterbeamme oder einen Sterbegefährten auszeichnet und was die Aufgaben eines solchen Mensch sind.

Was macht eine Sterbeamme oder ein Sterbegefährte?

Zusammengefasst: „Wir begleiten Sterbende, begleitende Zugehörige oder trauernde Hinterbliebene auf ihrem Weg, mit dem Ziel, dass alle Beteiligten den größtmöglichen Frieden innerlich und mit der Situation schließen können.“

Wenn der Tod ins Leben tritt, steht die Sinnfrage gleich mit in der Tür. Die Frage nach dem Sinn des Lebens, die Frage nach dem Sinn des Sterbens. Sterbeammen und -gefährten schaffen in der Begleitung den Raum, in welchem wieder Hoffnung und Mut für ein Weiterdenken und -handeln entstehen kann.

Wir nehmen uns dabei immer wieder die große Freiheit, weit zu denken und unkonventionell zu handeln. Sterben, Tod und Trauer sind sehr persönliche Erfahrungen und folgen keinen Konventionen. Es sind individuelle Erlebnisse, deren Ausmaß eine außenstehende Person im besten Fall vorsichtig erahnen aber niemals vollumfassend verstehen können wird. Unser Gegenüber ist die Expertin/der Experte für das eigene Leben, Sterben und Trauern. Dieses Expertentum unterstützen wir. Die Aufgabe von uns ist es, unkonventionell, also weit und ungehindert zu denken, um gemeinsam mit dem ratsuchenden Gegenüber die bestmöglichen Lösungs- und Handlungswege zu finden.

Es gilt Hindernisse im Abschiedsprozess zu erkennen und zu lösen, es gilt Probleme und Ängste zu lösen und in etwas Positives zu wandeln. Das Ziel ist die selbstbestimmte, heilsame Gestaltung des Abschiedsprozesses. Für die Person, die mit dem eigenen Sterben konfrontiert ist, genauso wie für die begleitenden Zugehörigen oder Hinterbliebenen.

Die Arbeit von Sterbeammen und Sterbegefährten greift in allen Phasen: vor, im und nach dem Tod. Auch wenn der Todestag schon lange zurückliegt und die Trauer bei den Hinterbliebenen mit Verzögerung zuschlägt, ist es noch möglich, den Abschied zu gestalten. Dies ist insbesondere in der heutigen Zeit wichtig zu wissen, nach vielen einsamen Toden und Abschieden durch Covid19.

Tiefgründiges Wissen über Sterben und Trauer

Sterbeammen und -gefährten sind deshalb weit aufgestellt. Wir kennen die Phänomene des Sterbens und der Trauer genauso wie systemische Modelle und Arbeitsansätze zur Lösung von Verflechtungen in Familien und Lebensgemeinschaften. Passende Kommunikationsmodelle, ein fundiertes theoretisches und praktisches Wissen von Brauchtum und Ritualen, ein Überblick über die verschiedenen Sichtweisen zum Tod in den Religionen und Weltanschauungen sind ebenso Teil des Werkzeugkoffers, wie die Anwendung kreativer Angebote und ganz praktische Kenntnisse bzgl. Hospiz, Bestattung, etc.

Individualität zählt

Jede/r Sterbeamme oder Sterbegefährte entwickelt seine/ihre individuelle Arbeitsweise, das Fundament ist ein reicher Schatz an Lebenserfahrung. Ein fester Stand im eigenen Leben ist ohnehin unabdingbar für diese Arbeit.

Verbunden sind die Sterbeammen und -gefährten durch einen wichtigen Grundsatz:
„Die große Freiheit!“

Ein wichtiger Bestandteil der Fortbildung ist also auch die Entwicklung eines geistig freibleibenden Weltbildes. Sterbeammen und -gefährten arbeiten überkonfessionell und sind darauf vorbereitet die Rat- oder Unterstützung-Suchenden in ihrer Individualität zu belassen und zu begleiten.

Zertifizierte/r Sterbeamme oder Sterbegefährte kann sich nennen, wer an der „Sterbeammen/ Sterbegefährten - Akademie nach Claudia Cardinal®“ die gut 2-jährige Fortbildung durchlaufen hat. Im Anschluss daran gilt es, eigene Praxis zu sammeln und eine Abschlussarbeit zu erstellen. Diese beschreibt und reflektiert eine konkrete Begleitungssituation. Eine mündliche Prüfung durch die Akademieleitung schließt den Fortbildungsprozess ab.

Wenn Du noch mehr über meine Arbeit als Sterbegefährte wissen möchtest, dann melde Dich gerne bei mir.

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